Alles nur eine Phase - meine Familie und ich gegen den Alltag by Herder

Alles nur eine Phase - meine Familie und ich gegen den Alltag by Herder

Autor:Herder
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Herder
veröffentlicht: 2014-01-01T05:00:00+00:00


Essen II: Meckern statt essen

Haben Sie auch schon mal wie eine Verrückte auf Ihre Tochter eingeredet? So, dass Sie sich selbst schon nicht mehr zuhören konnten? Bei mir klingt das so: »Jetzt sag mir endlich, warum du mein Essen nicht willst.« »Was MACH ICH FALSCH, Marlena?« »Ich hab hier STUNDEN in der Küche gestanden und das Einzige, was ich von dir höre, ist ›hab kein Hunger‹.« »Schau dich mal an, du musst doch was essen. An dir ist eh nichts dran.« »Bauchweh?! Ich hol dir mal einen von Papas Schokolebkuchen, dann sehen wir gleich, ob du noch Bauchweh hast!« »Weißt du, das ist für eine Mami so was von frustrierend, wenn sie STUNDENLANG in der Küche stand.« »Jetzt zieh nicht so eine Schnute.« »Ja, und ihr beiden anderen braucht überhaupt nicht so zu schauen! ESST!!!«

Ich hatte Blumenkohl gemacht. Nein, er hatte natürlich nicht Stunden gedauert, aber ich war wütend. Und ja, sie mögen ihn nicht. Aber er war nun mal in unserer Gemüsekiste, die wir wöchentlich bekommen. Und was kann ich dafür, dass um diese Jahreszeit nur Kohl und Wurzelgemüse wächst.

Außerdem gab es zum Blumenkohl Kartoffeln. Die mögen sie. Zumindest, wenn ich sie mit Semmelbrösel-Butter mache. Bis heute. Heute mochte Marlena nicht mal mehr die. Sitzt da mit einem Gesicht, als würde ich sie zwingen, die Katzendose leer zu essen.

Dass Kinder, wenn sie klein sind, Zicken beim Essen machen – geschenkt. Laurin hatte mal eine Phase, da wollte er monatelang nur Nudeln mit Butter. Damals war er zwei. Heute isst er Karotten und Gurken und kann drei Teller Schinkennudeln verdrücken, obwohl eine Zucchini drunter geschmuggelt ist.

Dass Kinder, wenn sie in der Pubertät sind, Zicken beim Essen machen – schon klar. Der Große hat »keinen Bock« auf Egal-was-ich-mache und sowieso nie Zeit zum Essen, weil er in sein Handy tippen muss. Diese Phase geht hoffentlich auch bald vorbei.

Aber dass die Kleine jetzt so anfängt, ist ein Schlag in die mütterliche Magengrube. Komischerweise isst meine Tochter im Kindergarten alles. Bei Oma auch. Und die Mutter von Emma meinte neulich: »Deine Kleine hat ja einen gesunden Appetit! Die hat von meiner Lasagne zweimal nachgenommen.« Das tut weh.

Noch viel mehr tut es weh, wenn man Vanillepudding macht. Und Marlena nach zwei Löffeln die Schüssel von sich schiebt und meint: »Schmeckt nicht.« Vanillepudding! Da kann man doch eigentlich nichts falsch machen! Ich zweifle mittlerweile an meinen Kochkünsten. Dabei koche ich gut und frisch. Nach Rezepten aus Familienkochbüchern, die mein Regal verstopfen. Ganz ehrlich, ich hätte dort auch lieber »Mälzer trifft Witzigmann« stehen als »An die Töpfe – fertig – lecker«. Meine Kinder dürfen Anfang der Woche sogar daraus aussuchen, was sie möchten. Und alles, was ich zu hören bekomme, ist: Schinkennudeln und Pfannkuchen. Grrr.

Ich muss nach meiner Schimpftirade ein so elendes Bild abgegeben haben, dass mich Marlena anschließend zu trösten versuchte: »Mama, weißt du, vielleicht holst du dir morgen das Rezept vom Kindergarten.« Pah! Wo das Essen in Aluwannen dreimal gekocht, tiefgefroren und schließlich dampfgegart serviert wird. Erst kürzlich wollten die Erzieher den Lieferanten wechseln: Es schmeckt zu fad.



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